Philisophie der zwei Bremsen
Da ich schon von jeher eher enduromäßige Motorräder gefahren bin, ist mir diese Art des Bremsens mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen (trotzdem übe ich es noch bei jeder Gelegenheit!).
Wie bremst man nun?
Zum Üben beschleunige ich auf einer geraden, ebenen Strecke auf etwa 70 - 90 km/h. Dann betätige ich mit Zeige- und Mittelfinger (geht auch Mittel- und Ringfinger) zügig die Vorderbremse, wobei der Druck auf den Bremshebel kontinuierlich verstärkt wird. Dabei ist es wichtig, schon gleich zu Beginn des Bremsvorganges fest zuzupacken um möglichst schnell möglichst viel Geschwindigkeit abzubauen. Der Trick dabei ist, dass Vorderrad so stark abzubremsen, dass es gerade nicht blockiert - und das gelingt nur durch ständiges Üben.
Bei einem Motorrad mit ABS kannst du natürlich gleich von Anfang an ordentlich zupacken.
Zeitgleich betätige ich aber auch die Fußbremse - aber nicht ganz so stark. Je nach Bauart des Motorrades erfolgt beim Bremsen eine unterschiedlich große Gewichtsverlagerung nach vorne. Je mehr Gewicht auf dem Vorderrad ist, desto weniger gibt es hinten zu bremsen (bei desto geringerer Pedalkraft wird also das Hinterrad blockieren!).
Wenn eine brenzlige Situation eine Notbremsung erfordert - und jeder, der in der Stadt mit dem Motorrad unterwegs ist, weiß, dass es eine solche fast täglich gibt - trete ich (je nach Situation) manchmal sogar bewusst voll auf die Fußbremse. Dabei schlage ich den Lenker in die Richtung ein, in welcher ich das Hindernis umfahren will (oder muss - die richtige Blicktechnik zeigt die Lücke!). Ein Blockieren des Hinterrades und das dadurch bedingte Ausbrechen nehme ich dabei bewusst in Kauf, ja ich nutze es sogar dazu, dem Motorrad verstärkt die gewünschte Richtung zu geben. Im richtigen Augenblick löse ich dann die Bremsen, gebe Gas und versuche das Hindernis zu umfahren.
Achtung: Dies ist nur dann zu empfehlen, wenn du es viele, viele Male bewusst geübt hast um dann im Notfall automatisch richtig zu reagieren ohne lange nachzudenken (ein blockierendes Rad, egal ob vorne oder hinten, bedeutet für ungeübte Fahrer fast immer einen Sturz)!
Beim Üben habe ich dabei zuerst immer wieder mit einer Bremse alleine - und erst dann mit beiden zusammen - Zielbremsungen geübt. Durch die vielen Wiederholungen wird ins Unterbewusstsein der richtige Punkt eingebrannt, an dem die Räder gerade nicht blockieren, so dass man im Fall des Falles mit genau der richtigen Kraft zupackt.
Warum das Hinterrad mitbremsen?
Vielleicht fragst du dich nun, warum überhaupt mit dem Hinterrad bremsen, wenn es so leicht blockiert, das Bike leicht ausbrechen kann uswusf. Nun, ich sehe das so:
Wenn ich nur 5% der Geschwindigkeit durch die Hinterradbremse vernichte, dann sind es unter Umständen genau die 5%, die ev. fehlen, um mit dem Hindernis gerade nicht zu kollidieren.
Was man gerne falsch macht
Sehr viele Motorradfahrer (und noch mehr Dosentreiber) bremsen eigentlich völlig verkehrt:
Zuerst einmal wird die Bremse eher zögerlich betätigt. Erst wenn sie sehen dass es eng wird, steigen sie voll in die Eisen. Das aber ist absolut falsch! Wenn du gleich zu Beginn ziemlich am Limit in die Bremsen gehst und es geht sich trotzdem nicht aus, knallst du mit einer deutlich geringeren Geschwindigkeit in ein Hindernis, als wenn du erst zögerlich bremst und dann auf den letzten Metern voll zupackst (und dabei vielleicht auch noch ein Rad blockierst und zu Sturz kommst). Mein Bremsmotto lautet:
Möglichst schnell möglichst viel Geschwindigkeit abbauen ohne zu stürzen oder zu crashen! (Klar, wenn ich gegen einen Pfeiler knalle habe ich auch sehr schnell die gesamte Geschwindigkeit abgebaut. Aber so ist das natürlich nicht gemeint!)
Fortschritt durch Technik
Die BMW R 1200 GS hatte Teilintegral-ABS. Dabei werden beim Betätigen des Bremshebels beide Räder abgebremst. Somit musste ich bei diesem Modell nur die Handbremse betätigen um automatisch auch das Hinterrad mitzubremsen. Eine Umstellung, an die man sich schnell gewöhnt hatte.
Wurde hingegen das Bremspedal betätigt, wurde das Hinterrad alleine abgebremst. Sehr sinnvoll, da es in engen Kehren, bei Wenden uä. öfter mal vorkommt, dass man zur Unterstützung kurz die Hinterradbremse etwas antippen muss.