Original-Windschild der SH 300 kürzen
Allgemeines:
Schon nach der ersten etwas längeren und flotteren Ausfahrt war klar: so ganz ohne Frontscheibe macht das wenig Spaß. Abgesehen vom hohen Winddruck jenseits der 100 km/h - den kann man ja noch als Bauchmuskeltraining sehen - werden Visier ud Kleidung über Gebühr verdreckt. Also musste eine Scheibe her.
Ich habe lange gesucht und unzähliche Erfahrungsberichte zu diversen Modellen gelesen. Letztlich hab ich mich für die Originalscheibe von Honda entschieden. Warum?
- Günstige Nachbauten werden an den Spiegeln befestigt. Das sieht nicht nur wenig schön aus, ich traue der Sache auch nicht so ganz. Außerdem wirkt es irgendwie wie gepfuscht.
- Bei der Originalscheibe ist eine sehr schöne und stabile Halterung dabei, welche direkt an der Karosserie befestigt wird. Das ist nicht nur stabiler, es wirkt auch wertiger.
- Teure Scheiben anderer Anbieter benötigen sowieso auch die Originalhalterung!
Schon beim Kauf war mir klar, dass die Originalscheibe für mich zu hoch sein wird. War sie dann ja auch - und zwar um einige Zentimeter!
Anfangs mag das kein großes Problem sein, da die Scheibe noch klar ist. Aber erfahrungsgemäß ändert sich das eher schnell (feine Kratzer lassen sich auf Dauer nicht vermeiden) und außerdem, was ist bei Regen, oder bei Nacht mit dem Licht vom Gegenverkehr? Ich finde, dass die Sicht durch die Scheibe vor allem in der Nacht (Blendungen), bei Regen (Blindflug), gegen die tiefstehende Sonne oder bei verdreckter Scheibe (ebenfalls Blindflug) einfach nicht adäquat ist. Daher hatte ich schon vor dem Kauf den Entschluss gefasst, die Scheibe in der Höhe für meine Körpergröße entsprechend anzupassen.
Ich kürzte die Scheibe um genau 9 cm. Damit war sie für mich passend (Nachtrag 2023: wie sich im Laufe der Jahre gezeigt hat - ich war über vier Jahre und knapp 20.000 km mit dem Roller unterwegs - wäre eine Kürzung um nur 5 cm optimal gewesen). Hier nun die einzelnen Arbeitsschritte:
Werkzeug/Material:
- Inbusschlüssel
- Streichmaß
- Dremel mit dünner Trennscheibe
- Schlüsselfeile
- Kombi- oder Spitzzange
- weiche Unterlage
Arbeitsschritte:
- wie gewohnt aufs Motorrad setzen um zu sehen, ab welcher Höhe man ausreichend weit über die Scheibe blicken kann. Dazu hab ich einen Punkt etwa 10 Meter vor dem Roller anvisiert und so die spätere Oberkante ermittelt. In meinem Fall ergab sich etwa eine Handbreite an zuviel Höhe.
- Motorrad auf Hauptständer abstellen
- Windschild durch lösen und entfernen der 4 Halteschrauben abbauen
- das Schild wurde auf eine Decke gelegt um ein Verkratzen der (sehr!) empfindlichen Scheibe zu vermeiden
- mittels Streichmaß hab ich den passenden Abstand mittig angerissen. Die Rundungen an den Seiten hab ich freihand weitergeführt (vorsichtige Naturen zeichnen sich eine entsprechende Schablone und übertragen die Konturen Bild 1)
- Mit dem Dremel wird nun entlang des angezeichneten Risses die Scheibe abgetrennt (Bilder 2+3). Hier unbedingt eine Schutzbrille tragen, da viele kleine - und sehr heiße - Teile durch die Gegend fliegen (es empfiehlt sich bei dieser Arbeit auch langärmlige Kleidung!).
- Nach wenigen Minuten ist der überflüssige Teil abgetrennt (Bild 4). Bei mir waren es, wie gesagt, genau 9 cm (Bild 5).
- Nachdem ich die Schnittkanten gesäubert hatte (Bild 6), die Schmelzkante ließ sich einfach abbrechen, wurde die Scheibe für eine Probefahrt wieder montiert. Die Höhe passte und musste nicht weiter gekürzt werden.
- Scheibe nochmals abbauen. Danach die Schnittkante mit einer Schlüsselfeile etwas glätten (kann man auch mit einem Abzieher machen)
- der Kantenschutz wird aufgesteckt, der nun vorhandene Überstand abgetrennt (Schere oder Stanleymesser) und mit den beiden Originalklemmen fixiert
- Scheibe an die Halterung montieren und die freie Sicht nach vorne genießen (Bild 7).
Anmerkungen:
- bei der Arbeit am besten Gummihandschuhe tragen, um unschöne Flecken und Fingertapper auf der Scheibe zu vermeiden
- die Scheibe ist nicht wirklich kratzfest!
- trotz der Kürzung bietet die Scheibe immer noch sehr guten Windschutz. Wie sich im Laufe der Jahre gezeigt hat, könnte sie noch etwas höher sein, damit auch bei Regen der optimale Schutz gegeben ist (so gelangen ein paar Tropfen aufs Visier).
- im Leerlauf geringe Vibrationen (gefühlt etwas weniger als mit der ungekürzten Version)
- ungehinderte Sicht nach vorne
- Nachts leichte Reflexionen an der Unterkante (Tachobeleuchtung) - aber das hat nichts mit der Länge der Scheibe zu tun ;-)
Der Kauf der Scheibe - und das individuelle Anpassen haben sich jedenfalls gelohnt. Vor allem außerorts fährt es sich nun deutlich entspannet und ermüdungsfreier. Und die Wendigkeit innerorts hat sich ja nicht verändert, so dass man sich immer noch durch engste Lücken schlängeln kann.