Bremsflüssigkeit

Bremse entlüften

Welchen Zweck die Bremsflüssigkeit (BF) erfüllt, wird wohl jeder wissen. Dass ihr ein wesentlicher Anteil am ordentlichen Funktionieren der Bremsen zukommt wird wohl auch jedem klar sein. Natürlich kann das nur gewährleistet werden, wenn sie in regelmäßigen Abständen ausgetauscht wird.

Es gibt verschiedene Klassen von BF. Diese werden nach dem Siedepunkt in die Klassen DOT3 bis DOT5 eingeteilt (DOT steht für das amerik. Verkehrsministerium = Dep. Of Transport). Natürlich sollte für dein Bike nur die dafür zugelassene Klasse verwendet werden (steht in der Betriebsanleitung). Für alle unsere Motorräder ist die Klasse DOT4 vorgeschrieben und wird auch von uns verwendet!

Das Entlüften der hydraulischen Bremsanlage kann für die meisten Motorräder wie hier beschrieben durchgeführt werden. Die Arbeitsschritte gelten für die Vorder- und Hinterradbremse (sofern diese hydraulisch betätigt wird). Sollte dein Bike auch eine hydraulische Kupplung haben, dann kann auch hier so vorgegangen werden!
Bei Motorrädern mit ABS (und/oder Integralbremssystem) sollte eine Fachwerkstätte aufgesucht werden!

Wichtiger Hinweis!
Für alle Arbeiten an der Bremsanlage setzen wir entsprechende Kenntnisse voraus. Solltest du nicht über diese verfügen (und keinen Kundigen zur Hand haben), so lass diese Arbeiten unbedingt von einer Fachwerkstatt durchführen!

Beim Hantieren mit BF immer große Vorsicht walten lassen. Bremsflüssigkeit ist sehr aggressiv und greift Lacke, Metalle, Hände... an. Daher gefährdete Teile durch einen sauberen Lappen schützen (diesen ev. anfeuchten) und immer genügend saubere Lappen (Küchenrolle) bei der Hand haben, um austretende BF gleich aufsaugen zu können!

Warum überhaupt die BF wechseln?

BF ist sehr stark hygroskopisch. Das heißt, dass sie Wasser anzieht. Diverse Untersuchungen zeigen, dass sie pro Jahr bis zu 3% Wasser aufnimmt. Das wirkt sich folgendermaßen aus:
Eine moderne Bremse kann Temperaturen bis zu 800° C entwickeln (an der Bremsscheibe). Diese Hitze wird über die Beläge an die Kolben und weiter an die Bremsflüssigkeit geleitet. Üblicherweise liegt der Siedepunkt der BF bei über 250° C. Je mehr Wasser sie nun angezogen hat (= je älter sie ist), desto niedriger wird der Siedepunkt. 3% Wasseranteil können den Siedepunkt auf unter 150° C sinken lassen. Es kommt also zum „Kochen” der BF, wobei Dampfblasen entstehen. Dampf kann aber (im Gegensatz zu Flüssigkeiten) komprimiert werden. Das heißt, wenn du die Bremse betätigst wird zwar der Dampf zusammengepresst, der Druck aber nicht auf die Kolben weitergegeben und somit hast du keine Bremswirkung (auch wenn der Griff bis zum Anschlag gezogen ist)!

Wann soll die BF gewechselt werden?

Bei den meisten modernen Motorrädern ist ein Wechsel nach zwei Jahren vorgeschrieben (so auch bei unseren - obwohl im Serviceplan ein Wechsel schon nach 18 Monaten und bei der 1100/1150 GS nach 12 Monaten angegeben wird!). Da ich mich punkto Sicherheit auf keine Kompromisse einlasse, machte ich einen jährlichen BF-Wechsel (immer im Frühjahr, nach der Wintergrundreinigung!

Bei der 1200er GS mit ABS wurden die Wechselintervalle, auf Grund der stahlummantelten Bremsleitungen, auf 2 (vorderer und hinterer Radkreis) und 4 (Steuerkreis) Jahre verlängert.

Mittlerweile gibt es BF nach DOT5. Diese kann anstatt DOT4 verwendet werden.

Kosten

Die Kosten für einen Bremsflüssigkeitswechsel sind - überhaupt wenn man die Arbeit selbst erledigt - sehr überschaubar. Ein Viertelliter einer guten BF kostet etwa ab EUR 5,-- aufwärts. Dieser Betrag kann wirklich kein Grund sein, diese wichtige Arbeit nicht regelmäßig durchzuführen. Es gibt auch Biker, die monatlich die BF wechseln (etwa, weil sie viel auf diversen Rennstrecken unterwegs sind). Diese kaufen dann größere Gebinde, was einen niedrigeren Literpreis bedeutet (allerdings kann ich, mangels eigener Erfahrung, nicht sagen, wie lange ein einmal geöffnetes Gebinde verwendet werden kann.

Die nicht benötigte BF wird entsprechend entsorgt (die abgelassene alte BF ins Gebinde dazugeben und an die entsprechenden Sammelstellen bringen). Sie ein Jahr aufzuheben macht nicht wirklich Sinn (Gefahr der Verschmutzung, Wasser anziehen, sowieso nicht mehr finden, wie und wo lagern...).
Ich gehe da lieber auf Nummer sicher und hole mir ein neues, versiegeltes Gebinde (das ist auch ein Grund, warum ich das lieber selber mache - ich weiß ja nicht, wie alt die BF in der Werkstatt wirklich ist und wie sie gelagert wurde)!


Bremse händisch entlüften

Eine schlechter werdende Bremsleistung ist oft ein Hinweis auf Luft im Bremssystem. In so einem Fall muss die Bremse entlüftet werden:

Benötigtes Werkzeug/Material

  • Bremsflüssigkeit der entsprechenden Kategorie (bei uns DOT 4)
  • Ringschlüsselsatz
  • durchsichtiger Schlauch (etwa 0,5 m Länge)
  • Auffanggefäß (leeres, sauberes Gurkenglas oä.)
  • Kreuzschlitz-Schraubendreher (in passender Größe)
  • ev. kleiner Hammer

Arbeitsschritte

  • Motorrad sicher auf ebenem Grund abstellen, Lenker so einschlagen das der BF-Behälter möglichst waagrecht steht
  • Umgebung des Behälters durch einen (feuchten) Lappen schützen
  • die Halteschrauben des Deckels lösen (ev. mit dem Hammer leicht auf den Schraubendreher klopfen, da die Schrauben oft nur schwer aufgehen und leicht ausnudeln)
  • Deckel, Zwischenstück und Membran entfernen und sicher ablegen (vor Verunreinigung geschützt)
  • etwas BF einfüllen
  • Ringschlüssel über den Entlüftungsnippel stecken
  • Schutzkappe des Entlüftungnippels öffnen und Schlauch aufstecken
  • das andere Ende des Schlauches in den Auffangbehälter führen
    Achtung: Zuerst etwas saubere Bremsflüssigkeit in den Auffangbehälter geben, um ein Einsaugen von Luft von unten zu verhindern
  • ein paarmal vorsichtig pumpen und dann den Bremshebel angezogen halten (ein Helfer wäre hier von Vorteil. Nicht zu heftig pumpen, da sonst BF wie bei einem kleinen Springbrunnen hochgeschleudert wird!)
  • bei angezogenem Hebel die Entlüftungsschraube öffnen (nach etwa einer halben Umdrehung sieht man Flüssigkeit in den Schlauch austreten)
  • diese Schritte (Pumpen-Halten Öffnen-Ablassen Schließen-Hebel lösen) so oft wiederholen, bis keine Luftblasen mehr austreten
    Achtung: Dabei immer darauf achten, dass der Pegel im Behälter nicht unter die Minimummarkierung absinkt (sonst dringt Luft von oben ein)
  • BF bis zur oberen Markierung auffüllen
  • Membran und Zwischenstück am Bremsflüssigkeitsbehälter anbringen, den Deckel auflegen (auf korrekten Sitz der Membran achten!) und verschließen (Schrauben nicht zu fest eindrehen)
  • zum Schluss die Schutzkappe wieder auf den Entlüftungsnippel stecken (noch einmal kontrollieren ob dieser ordentlich geschlossen ist)

Funktionskontrolle

Das Bremspedal bzw. den Bremshebel ein paar Mal betätigen: nach kurzem Leerweg muss sich ein klarer Druckpunkt ergeben! Ein unzureichender Druckpunkt kann auf verbliebene Luft im System hinweisen, aber auch Zeichen einer Undichtigkeit im System oder eines verschlissenen Kolben in der Bremspumpe sein (Entlüftungsvorgang wiederholen und alle Teile kontrollieren).

Wurden neue Bremsleitungen montiert, ist der Vorgang etwas aufwändiger, da sich Luftbläschen gerne in Ecken und Winkeln der Bremsleitungen absetzen. Durch leichtes Klopfen (etwa mit einem Schraubenziehergriff auf solche Stellen) und leichtes Rütteln an den Bremsleitungen kannst du die Luft leichter aus dem System bekommen.

Nach dieser allgemeinen Einführung zeigen wir dir auf der folgenden Seite, mit welchen Methoden/Hilfsmitteln du die Bremsflüssigkeit wechseln kannst.